Tag Archives: Franz Roßmeißl

Forchheim, 1. Okt. 2021 – Im Klinikcheck, einer Kooperation der Friedrich-Alexander-Universität, der Universität Bayreuth und der Nürnberger Zeitung und den Nürnberger Nachrichten, wurde das Vorgehen von 24 Krankenhäusern beim erstmaligen Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks verglichen. Das Endoprothetikzentrum Endofo am Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz brachte im Jahr der Datenerhebung 2019 solide Leistungen und wird als guter Performer in der zweiten Gruppe eingestuft.  

Beim Vergleich sind neben den Informationen aus dem Qualitätsbericht die AOK-Routine Daten für die Eingruppierung relevant, denn diese liefern Erkenntnisse zum Behandlungserfolg über den Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus hinaus. Bei den Indikatoren ‚Ungeplante Folge-Operation bis zu 365 Tage nach dem Eingriff‘ und ‚Chirurgische Komplikationen innerhalb von 90 bzw. 365 Tagen nach dem Eingriff‘ liegt das Klinikum im Mittelfeld mit durchschnittlichen Werten.

Hüftgelenkserkrankung Coxarthrose

Die bekannteste und häufigste Hüftgelenkserkrankung ist die Coxarthrose, ein Verschleiß des Gelenkknorpels. Dr. Marco Grosso, ein Operateur des Endoprothetikzentrums, erläutert bei einer Informationsveranstaltung die Voraussetzungen für eine Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP), also einen vollständigen Ersatz sowohl der Hüftpfanne wie auch des Hüftkopfes anhand der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU). Demnach soll eine Hüft-TEP-Operation nur bei radiologisch nachgewiesener fortgeschrittener Coxarthrose (Kellgren & Lawrence Grad 3 oder 4) erfolgen. Die Indikationsstellung zur Hüft-TEP kommt infrage, wenn Patientinnen, trotz vorangegangener konservativer Therapie, über hohen subjektiven Leidensdruck berichten hinsichtlich hüftbezogener Beschwerden (Schmerzen, Funktionseinschränkungen, Einschränkungen bei den Aktivitäten des täglichen Lebens) und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität.

Wie läuft die Operation ab?

Privatdozent Dr. Uwe Lehmann, Chefarzt der Unfallchirurgie am Klinikum, beschreibt die Operation: „Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk.  Die Komponenten, die eingesetzt werden – die Pfanne und der Kopf mit Schaft – müssen in der richtigen Neigung und in der richtigen Anteversion eingesetzt werden. Der Schaft muss fest verankert sein und auch die Länge des Beines muss richtig bemessen sein, da es sonst zu einer Verrenkung des Gelenks, einer Luxation, kommt.“ Die Planung vor der Operation mithilfe von Softwareprogrammen minimiert Komplikationen während des Eingriffs, wie Brüche oder ein zu großer Schaft.  Der Hauptoperateur gibt zu denken, dass die Chirurgie immer noch ein Handwerk sei und ein guter Chirurg ein akustisches Empfinden habe, um zu ermessen, ob die Prothese passt.  Außerdem sei ein sehr gutes räumliches Vorstellungsvermögen vonnöten, um die Prothese optimal einzusetzen. Minimalinvasive Schnitte sieht der Experte kritisch: Die freigelegten Muskelstränge und Weichteile müssen für einen freien Zugang zum Gelenk verschoben werden. Bei kleinen Zugängen kann es zu Drucknekrosen kommen, das heißt, dass das Gewebe abstirbt. Außerdem ist die Sicht eingeschränkt, um die Prothese exakt einzusetzen.

Während der Operation wird die Beweglichkeit überprüft sowie die Neigung zur Verrenkung. „Wir überprüfen über die endgradigen Bewegungen, dass es weder zu einer vermehrten Verlängerung noch zu einer Verrenkung kommt. Es gibt aber Extrembewegungen, wie ein Sturz, die dann zu einer Luxation führen können.“ Uwe Lehmann unterstreicht die muskuläre Komponente eines Patienten. Bei einem Trainierten halten die Muskeln den Prothesenkopf in der Pfanne.

Das Material der Gleitpaarung-Prothesen, die am Klinikum am häufigsten eingesetzt wird, ist Titan für die zementfreie Pressfit-Pfanne und den Prothesenschaft. In die Pfanne wird als Gleitschicht ultrahochvernetztes Polyethylen eingesetzt. Auf den Konus des Prothesenschaftes wird ein Keramikkopf aufgesetzt, der mit dem Polyethylen-Einsatz artikuliert. Die Standard-Antwort auf die Frage nach der Haltbarkeit laute 15 Jahre, aber mehrere Faktoren beeinflussen den Erhalt der Funktionsfähigkeit – das Körpergewicht, die Art der Beanspruchung, wobei der Polyethyleneinsatz der empfindlichste Punkt der Konstruktion sei, so der Chefarzt.

Endoprothetikzentrum Endofo

Um die qualitativ hochwertige Durchführung dieser komplexen Operation zu gewährleisten, wird das Endoprothetikzentrum einmal im Jahr zertifiziert. Die Hauptoperateure Dr. Uwe Lehmann, Dr. Franz Roßmeißl, Jürgen Waibel, Dr. Susanne Esper und demnächst Dr. Mario Grosso müssen mindestens 50 Gelenkersatzoperationen pro Jahr nachweisen.  Erstoperateure weisen nach, dass sie in einem Zeitraum von zwei Jahren 100 Operationen durchgeführt haben, die von einem Hauptoperateur begleitet worden sind.

Dr. Uwe Lehmann sagt: „Pro Jahr führe ich sicherlich weit über 100 Operationen an Hüfte oder Knie durch und bei einem Großteil operiere ich selbst, denn bei Patienten, die von mir operiert werden wollen, führe ich den Eingriff durch.“  2019 wurden 189 Hüftgelenkersatzoperationen am Klinikum durchgeführt, eine normale Zahl für ein Haus dieser Größe. „Es gibt natürlich Endoprothetikzentren, die nichts anderes machen als Prothesen einzusetzen, aber wir sind hier keine Fabrik und eine gewisse Individualität geht vielleicht in so einem Riesenapparat verloren. Hier kennt der Patient noch seinen Operateur und das ist sicherlich ein bisschen persönlicher“, schließt der Fachmann.

Altdorf – Ein Kniegelenkersatz ist möglicherweise unvermeidlich, wenn Schmerzmittel, Cremes und Spritzen nicht mehr helfen und das Leitersteigen zur Qual wird. Diese Erfahrung machte Gerhard Hain aus Altdorf bei Nürnberg.

Wenn Gerhard Hain über die Stadt Rom spricht, kommt er ins Schwärmen: die kleinen Cafés, die Sprache, die Mentalität. Als er damals in Rom beruflich tätig war, hing einfach ein Schild an der Bürotür „Chiuso per sciopero! – Geschlossen wegen Streik!“, wenn die Mittagspause einmal etwas länger dauern sollte. Daher empfand der 75-Jährige den begrenzten Aktionsradius bei Städtereisen als größte Einschränkung: „Ich schaue mir gerne Monumente an. Früher war ich von früh bis spät zu Fuß in der ‚ewigen Stadt‘ unterwegs. Durch die Schmerzen im Knie bin ich an das Hotel und Umgebung gefesselt gewesen.“ Vor zehn Jahren ließ er eine Gelenkspiegelung durchführen mit der Diagnose, dass von der Knorpelmasse des Meniskus nicht mehr viel vorhanden war. Der pensionierte Leiter eines kommunalen Bildungs- und Kompetenzzentrums litt unter einem andauernden Stechen im rechten Knie, das bei Belastung stärker wurde. Als das Wort ‚Knieprothese‘ zum ersten Mal fiel, war er geschockt.

Kniegelenkersatz, computergenau berechnet

Er recherchierte im Internet und stieß auf Artikel zu ‚roboterarm-assistierter Chirurgie‘. Dabei handelt es sich um eine Computertechnologie für endoprothetische Eingriffe. Im Vorfeld des Eingriffs wird eine spezielle Planungs-Computertomographie (CT) angefertigt. Mit dieser wird die individuelle Anatomie des Patienten erfasst. Das daraus resultierende 3D-Modell dient als Planungsgrundlage der Prothese, zunächst aus rein anatomischen Gesichtspunkten. Vor der Knie-OP wird unter Narkose die zukünftige Position des Implantates so angepasst, dass die Bänder in Beugung und Streckung optimal gespannt werden. Während der Operation nutzt der Operateur die roboterarmgestützte Technologie zum Sägen des Prothesenbetts. Bei einer Abweichung von der Planung stoppt der Sägevorgang automatisch. Die Genauigkeit der roboterarmunterstützten Säge beträgt 1/10 Millimeter.

Lernen aus der Metallverarbeitung

Gerhard Hain ist überzeugt: „Es gibt keinen Handwerker, der von sich behaupten kann, dass er per Hand auf ein Zehntel Millimeter genau fräsen kann. Wenn es um Präzision geht, wird in der Metallindustrie auch computergestützt gearbeitet – mit CNC-Fräsen. Das ist heute selbstverständlich. Warum sollte es in der Medizin nicht auch so sein?“

Zwei Knie, zwei neue Gelenke

Zuerst wurde er in einem Klinikum in Unterfranken vorstellig, wo er abgewiesen wurde: Zu schwer! In Forchheim ließ sich der 120 Kilo-Mann von Hauptoperateur Dr. Franz Roßmeißl im Juli 2018 das rechte Knie unter Zuhilfenahme des Mako®-Roboterarms operieren. Eine Knietotalendoprothese ersetzt seitdem das gesamte Kniegelenk. Er erinnert sich: „Während der ersten drei Tage nach der Operation konnte ich die Schmerzmittel selber dosieren. Mir ging es verhältnismäßig gut.“ Er lobt die kompetente Hilfe der Physiotherapeuten am Klinikum, die ihn kurz nach der OP auf die Beine gestellt haben und am dritten oder vierten Tag das Treppensteigen geübt haben. Als er am sechsten Tag in die Reha entlassen wurde, konnte er das operierte Knie bereits im rechten Winkel beugen. Gerhard Hain ist nach wie vor überzeugt von der höheren Genauigkeit dieser Technologie: „Ich bin eigentlich ein Patient nach und vor der Operation. Leider habe ich jetzt Schmerzen im linken Kniegelenk und warte auf einen weiteren OP-Termin.“ Der behandelnde Orthopäde Dr. Franz Roßmeißl bestätigt: „Auch bei übergewichtigen Patienten funktioniert die Methode sehr gut. Die exakte Positionierung der Prothese sorgt für gute Beweglichkeit und hohe Zufriedenheit.“

Erfahrungen nach 18 Monaten roboterarm-assistierter Chirurgie

Auch andere Mako®-Patienten bewerten das Resultat des Eingriffes in Forchheim positiv: Sechs Wochen nach der OP waren diese wesentlich zufriedener mit ihrer neu erlangten Beweglichkeit als die Vergleichsgruppe. In einer englischen Studie von 40 herkömmlich Operierten und 40 Patienten mit Mako®-Knietotalendoprothese wiesen Letztere weniger postoperative Schmerzen auf, konnten nach kürzerer Zeit das gestreckte Bein heben und haben ihren Krankenhausaufenthalt um fast 30 Prozent verkürzt. Knapp hundert wissenschaftliche Studien und unabhängige Prothesenregisterdaten zeigen bessere funktionelle Ergebnisse und niedrigere Revisionsraten, erforderten also weniger häufig einen Folgeeingriff.

Am Montag, den 16. September 2019, um 19 Uhr berichtet Privat-Dozent Dr. Uwe Lehmann, Chefarzt der Unfallchirurgie, im Konferenzsaal des Klinikums in Forchheim, Krankenhausstr. 10, im Rahmen der Vortragsreihe der Freunde und Förderer Klinikum Forchheim e.V. über Erfahrungen nach 18 Monaten Roboterarm-assistierter Chirurgie mit Mako®. Seit Einführung dieser Technologie im März 2018 wurden mehr als hundert Patienten auf diese Weise operiert. Der Hauptoperateur referiert auch über Rückmeldungen und Umfrageergebnisse der Patienten und Reha-Kliniken.

Interessierte sind herzlich willkommen zu der kostenfreien Veranstaltung – ohne Anmeldung.

(Foto: Franka Struve/Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz) Gerhard Hain kann nach erfolgreicher Knie-OP wieder eine Bierkiste heben.