Tag Archives: Qualitätsmanagement

Forchheim, 30. März 2022 – Ende März 2022 wurden im Rahmen des Qualitätsmanagements die klinikumsinternen Abläufe am Standort Forchheim überprüft und hinsichtlich Konformität und Verbesserungsmöglichkeiten von der Firma DEKRA Certification GmbH bewertet. Entsprechen die Prozesse den Normen der ISO 9001:2015 in der Pflege, wie die Einhaltung der Standards und Behandlungskonzepte, und auch die Prozesse des ärztlichen Dienstes, wie Fallbesprechungen, Patientenaufnahme, Diagnostik und Therapie?

Intensivstation
Ein untersuchter Bereich ist die interdisziplinäre Intensivstation im Forchheimer Klinikum mit acht Betten. Menschen mit schweren bis lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen werden hier intensivmedizinisch behandelt. ‚Interdisziplinär‘ bedeutet, dass Patienten aus allen medizinischen Bereichen des Klinikums in diese Station verlegt werden können.
Für die Rezertifizierung bespricht der ärztliche Auditor der DEKRA Certification GmbH, Dr. med. Matthias Faber, gemeinsam mit der ärztlichen Leiterin der Intensivstation, Ltd. Oberärztin Dr. med. Judith Neglein, die SOPs (Standard Operating Procedures), beispielsweise die standardisierte Vorgehensweise bei Diabetesentgleisung.
Dr. med. Matthias Faber erläutert: „Ich muss schauen, ob die Abläufe nachvollziehbar geregelt sind, ob eine Rückverfolgbarkeit gegeben ist, wie die internen Kommunikationswege geregelt sind, wie die Dokumentation erfolgt und dass die Medikamentenverordnung sicher erfolgt. Darauf ist zu achten.

Kontinuierliche Verbesserung
Und Dr. Judith Neglein erläutert: „Das Audit hat den großen Vorteil, dass man sich noch mal seine Struktur bewusst macht, dass man über Prozesse nachdenkt und dann fallen einem automatisch auch immer wieder Dinge auf, die man verbessern kann. So sind wir jetzt gerade dabei Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten zu digitalisieren und in unsere elektronische Akte einzufügen, damit wir diese bei jeder Neuaufnahme sofort zur Verfügung haben. Wenn die Patientin/ der Patient schon einmal bei uns war, sind wir nicht auf Papierakten aus dem Archiv angewiesen. Das spart Zeit und gibt uns Sicherheit, den Wünschen der Patienten gerecht zu werden.“
Die elektronische Patientenakte (ePA) enthält strukturiert alle medizinischen Informationen der Patientin, die für eine Behandlung im Krankenhaus wichtig sind. Das sind unter anderem die Arztbriefe, Notfalldaten, Befunde, pflegerische Informationen, die Medikation und auch die Vorgeschichte der Erkrankung.

Patientenverfügung – Der Wille des Patienten ist bindend
Die Leiterin der Intensivstation unterstreicht: „Ganz wichtig ist es für mich immer den Willen des Patienten einzuholen, beziehungsweise – wenn der sich nicht mehr äußern kann – den Willen der Angehörigen.“ Bei einer klaren Patientenverfügung in der elektronischen Patientenakte wird dem Wunsch nach einer reinen Palliativbehandlung stattgegeben. Diese könnte so lauten: „Sollte ich mich nach fachärztlichem Urteil im (nicht mehr behandelbaren) Endstadium einer tödlichen Krankheit oder bereits im Sterbeprozess befinden, wünsche ich keine künstliche Verlängerung meines Leidens. Ziel der ärztlichen Behandlung soll dann die Bekämpfung von Schmerzen, Unruhe und Angst sein (Palliativbehandlung). Maßnahmen der Intensivmedizin, künstliche Beatmung und künstliche Ernährung lehne ich dann ab. Ggf. sind derartige Maßnahmen zu beenden.“
Dr. Judith Neglein ergänzt: „Wenn wir den Patientenwillen kennen, wägen wir immer genau ab. Wir können auch unterschwellige Therapien anbieten, zum Beispiel mit nicht invasiver Beatmung. Es gibt verschiedene Abstufungen.“

Die Intensivstation am Klinikum in Forchheim behandelte im Jahr 2019 rund 673 Patienten. Während der Corona-Pandemie sind insbesondere die hier vorhandenen Beatmungsmöglichkeiten für Menschen, die schwer an Covid-19 erkrankt sind, lebenswichtig.

Zum Tag der Patientensicherheit am 17. September informiert das Klinikum zur Sicherheitskultur:

Die Weltgesundheitsversammlung ist das höchste Entscheidungsorgan der Weltgesundheitsorganisation und befürwortete bei der diesjährigen Tagung im Mai die Einrichtung eines weltweiten Tags der Patientensicherheit am 17. September. Katja Severa, stellvertretende Risikomanagerin am Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz, erläutert, wie mittels einer strukturierten Analyse der Risiken unerwünschte Ereignisse bei Patienten, die das ungewollte Ergebnis einer Behandlung im Krankenhaus sein können, vermieden werden.   

Eine Situation im Klinikum, die zwei Leben bedrohte, konnte entschärft werden: Bei einer massiv übergewichtigen Schwangeren musste nachts ein Notfallkaiserschnitt durchgeführt werden, da sich der Zustand des ungeborenen Kindes akut verschlechtert hatte. Bei der notfallmäßigen Narkoseeinleitung misslang das Einbringen eines Beatmungsschlauchs in die Luftröhre. Die Narkoseärztin reagierte unverzüglich in dieser extrem kritischen Situation und wechselte sofort, wie in den Arbeitsanweisungen beschrieben und oftmals geübt, zu „Plan B“ und sicherte den Atemweg mit einer Kehlkopfmaske.

Den glimpflichen Ausgang dieses dramatischen Vorfalls – ohne Schaden für Mutter und Kind – führt Katja Severa als Beispiel für erfolgreiches Risikomanagement auf: Die „Sicherung des schwierigen Atemwegs“ wurde am Klinikum in Forchheim als Achillesferse jeder Vollnarkose identifiziert. Daraufhin wurden standardisierte Arbeitsanweisungen erstellt, in denen die verschiedenen Möglichkeiten zur Atemwegssicherung systematisch dargestellt wurden. Zusätzlich werden diese Verfahren regelmäßig in der Praxis geübt, um im Notfall fit zu sein.

Aus Fehlern lernen

Zu den Aufgaben, die die stellvertretende Anästhesiepflegeleiterin seit März übernommen hat, gehören sämtliche Maßnahmen zur Analyse, Bewertung, Überwachung, Steuerung und Kontrolle von Risiken im Klinikum, eng verbunden mit dem Qualitätsmanagement im Haus. Besonders wichtig sei es, ein Umdenken in den Köpfen aller Beteiligten voranzutreiben, unterstreicht sie: „Weg von Vertuschung – hin zu „Lernen aus Beinahe-Fehlern“!“ Unterstützt wird sie dabei unter anderem vom Critical Incident Reporting System, einem Fehlermeldesystem, bei dem Mitarbeiter des Hauses anonym und sanktionsfrei riskante Konstellationen aus dem klinischen Alltag darstellen können.

Schweizer Käse Modell

Eine kritische Situation kann dadurch entstehen, dass mehrere zufällige Konstellationen zusammen auftreten: „Übergewichtige Schwangere“ und „Notfallkaiserschnitt“. Wie beim Stapeln von Schweizer Käse-Scheiben die Löcher zufällig aufeinanderliegen und eine „barrierefreie Bahn“ ermöglichen, kann das Zusammenfallen von ungünstigen Faktoren zu einem katastrophalen Ergebnis führen. Aufgabe des Risikomanagements ist es, auf mehreren Ebenen Barrieren einzubauen. Vorreiter im Risikomanagement waren die Luft- und Raumfahrt. Diese Bereiche sind wie das Gesundheitswesen gekennzeichnet durch hochkomplexe Arbeitsabläufe und den Anspruch aller Beteiligter nach maximaler Sicherheit.

Strukturierte Risikominimierung

Die Sicherheit des Patienten sowie die Vermeidung von Schadensfällen bei der Patientenversorgung sind das oberste Ziel des klinischen Risikomanagements. Im Klinikum am Standort Forchheim gibt es insgesamt elf Risikobereiche, die jeweils von einem Risikoverantwortlichen in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Abteilungen betreut werden. Ziel ist es, Arbeitsabläufe innerhalb der Abteilungen und in der abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit zu optimieren. Zweimal im Jahr werden die Risikosituationen des Hauses überprüft und gegebenenfalls Gegensteuerungsmaßnahmen eingeleitet. Das Risikomanagement-Lenkungsteam trifft sich ebenfalls zweimal im Jahr, um über die aktuelle Risikosituation zu beraten und Möglichkeiten zur Verbesserung zu diskutieren.