Tag Archives: Stroke

Forchheim, 23. Mai 2022 – Anfang Mai hielt Prof. Dr. Jürgen Gschossmann, Chefarzt der Inneren Medizin und ärztlicher Direktor am Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz, einen Vortrag über ‚Schlaganfälle‘ im Stadtteiltreff des Neuen Katharinenspitals. 24 Zuhörer informierten sich über erste Anzeichen, Diagnose und Behandlung.

Jürgen Gschossmann richtet eine eindringliche Botschaft an die Interessierten: „Wenn Sie neurologische Veränderungen bemerken, handeln Sie schnell! Jegliche Veränderung, die das Nervensystem betrifft – wie Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen, Sensibilitätsverlust, Verständnisstörungen, Taubheitsgefühl oder herunterhängender Mundwinkel – kann ein potenzielles Zeichen eines Schlaganfalls sein. Wenn diese Symptome bei Ihnen am Freitagnachmittag plötzlich auftreten, warten Sie nicht bis Montag. Das ist ein Notfall!“

Pro Minute gehen 1,9 Millionen Neuronen (Nervenzellen) und 12 Kilometer Myelinfasern (Nervenfasern) zugrunde, wenn die Sauerstoffzufuhr in Hirnarealen abgeschnitten ist. Die Lysetherapie (medikamentöses, aggressives Auflösen von Blutgerinnseln) ist laut der Deutschen Schlaganfall Gesellschaft in einem Zeitfenster von nur 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall effektiv. Bei Verdacht auf Schlaganfall wird die Person über die Leitungsstelle angemeldet, als superdringend kategorisiert und per Notarzt ins Klinikum in Forchheim gebracht. Die Uhr tickt und die Behandlung läuft wie bei einem Drehbuch nach nationalen Leitlinien ab. Hinsichtlich der Einhaltung dieser Leitlinien wird das multiprofessionelle Team der ‚Stroke Unit‘ (engl.für Schlaganfall-Einheit) ständig kontrolliert, die Stroke Unit wird zertifiziert und auch die Richtlinien selbst werden fortlaufend immer wieder überprüft.

Direkt nach Einlieferung ins Klinikum muss mithilfe von bildgebenden Verfahren (Computertomographie und/oder Kernspintomographie) ermittelt werden, ob es sich um einen ischämischen Schlaganfall handelt, verursacht durch Minderdurchblutung, oder um eine Hirnblutung. Professor Gschossmann: „Diese Unterscheidung ist ganz wichtig, denn bei einem ischämischen Anfall versuchen wir, den Gefäßpfropf medikamentös aufzulösen. Bei einer Hirnblutung wäre eine Blutverdünnung aber fatal!“

Das Klinikum ist Teil des STENO Netzwerkes, dem Schlaganfallnetzwerk mit Telemedizin in Nordbayern. Das „Tele-“ kommt von „Telemedizinischer Konsultation“ oder „Telekonsil“. Das Krankenhaus ist mit einer Standleitung 24 Stunden an allen sieben Wochentagen mit einem der drei Schlaganfallzentren in Erlangen, Nürnberg und Bayreuth im Wechsel verbunden. Somit steht ein Fachneurologe am Erlanger Universitätsklinikum jederzeit zur Verfügung. Professor Gschossmann fasst zusammen: „Am Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz erhalten Sie eine schnelle Schlaganfallversorgung auf universitärem Niveau in einem familiären Umfeld.“

Im Anschluss stellten die Zuhörer Fragen:

Gibt es Vorboten für einen Schlaganfall und kann man durch eine Änderung des eigenen Verhaltens die Gefahr verringern?

Professor Gschossmann erläutert hier die TIA, eine transitorische ischämische Attacke, manchmal auch Mini-Schlaganfall genannt, die nur kurz andauert und als Indikator des Schlaganfalls interpretiert werden kann. Wenn Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen richtig eingestellt seien, verkleinere sich das Risiko einen Schlaganfall zu erleiden. „Hundertprozentig geht das nie,“ gibt der Internist zu denken.

Ist die vorbeugende Einnahme von blutverdünnenden Mitteln wie Marcumar sinnvoll?

Für Menschen, die an Vorhofflimmern leiden, bietet sich die Einnahme von Blutverdünnern nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt an, weil diese ein größeres Risiko haben, dass ein Blutgerinnsel im Herz entsteht, zu den Hirngefäßen wandert und diese verstopft. Bei Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck oder Gefäßschädigungen wie Arteriosklerose ist eine Blutverdünnung nicht zielführend, um einen Schlaganfall zu vermeiden.

Gunda Korber, die im Katharinenspital wohnt, findet Angebote wie medizinische Vorträge im Stadtteiltreff sehr gut: „Meine Nachbarin ist gleich zum Arzt gegangen und hat sich durchchecken lassen und ein Dauer-EKG machen lassen. Es hat schon eine Menge Leute wachgerüttelt, dass sie achtsamer mit sich umgehen.“

Forchheim – Prof. Li He, Präsidentin der chinesischen Schlaganfallgesellschaft der Provinz Sichuan, besuchte Ende Dezember 2018 das Klinikum Forchheim, um sich über die telemedizinische Schlaganfallversorgung im Schlaganfallnetzwerk zu informieren.

Das Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz verfügt als Mitglied im Netzwerk neben der zertifizierten Telestroke Unit unter der Leitung von Barbara Willaczek damit über ein erweitertes Behandlungsspektrum. Im Beisein von Dr. Lorenz Breuer,
STENO-Projektleiter und Oberarzt am Universitätsklinikum Erlangen, informierte sie sich über die Funktionsweise der „Telemedizinischen Konsultation“.

Die Neurologin Li He praktiziert am West China Hospital der Sichuan Universität in Chengdu, der Provinzhauptstadt mit 14,42 Mio. Einwohnern. Das Krankenhaus verfügt über 4.300 Betten, versorgt Patienten im Umkreis von 100 km und ist das Zweitbeste in einem Ranking der Fudan University. Der wissenschaftliche und technologische Einfluss des Krankenhauses steht an erster Stelle in China.

Begleitet wurde Prof. Li He von Hongjun He, der für die Stiftung Deutsch-Chinesischer Technologieaustausch (DCTA) in Düsseldorf arbeitet. Die Stiftung koordiniert und fördert Vorträge, Fachtagungen, die Vorführung von neuartigen Behandlungsmethoden und Materialien und unterstützt Kooperationsprojekte in beiden Ländern.
Honjun He vergleicht Bayern mit Sichuan: „Es ist dort auch bergig wie hier.“ In ländlichen, medizinisch teils unterversorgten Gebieten könnte auch in Sichuan mithilfe der Telemedizin die räumliche Distanz zwischen Patienten und Arzt oder zwischen zwei Ärzten überbrückt werden. Schlaganfälle können so schnell diagnostiziert und therapiert werden. Bei einem Schlaganfall – einer plötzlichen Durchblutungsstörung im Gehirn oder einer Hirnblutung – ist schnelle und kompetente Hilfe lebenswichtig. Durch Telemedizin wird die Expertise zum Patienten gebracht.

Schlaganfall-Einheit
Das Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz verfügt über eine von deutschlandweit über 300 zertifizierten Stroke Units. Konkret handelt es sich dabei um eine von deutschlandweit 13 telemedizinisch vernetzten Stroke Units (Telestroke Unit). Die Stroke Unit-Zertifizierung und Rezertifizierung durch die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) erfolgt regelmäßig in dreijährigen Abständen.
Auf der Telestroke Unit unter der Leitung von Oberärztin Barbara Willaczek, die in der Klinik für Innere Medizin angesiedelt ist, arbeitet ein interdisziplinäres Behandlungsteam aus Fachärzten für Innere Medizin, speziell geschultem Pflegepersonal (Stroke Nurses), Sprach- und Schlucktherapeuten, Ernährungstherapeuten, Physio- und Ergotherapeuten sowie Sozialpädagoginnen. Die neurologische Expertise steht in Form von täglichen Visiten eines neurologischen Facharztes zur Verfügung. Rund um die Uhr steht darüber hinaus ein Experte aus den drei STENO-Zentren Erlangen, Bayreuth und Nürnberg via Telemedizin zur Verfügung.

Foto v.l.n.r. Hongjun He (Deutsch-Chinesischer Technologieaustausch (DCTA) Stiftung), Dr. Lorenz Breuer (Universitätsklinikum Erlangen), Prof. Li He (West China Hospital Chengdu, Sichuan Provinz), Dr. Barbara Willaczek, Prof. Dr. Jürgen Gschossmann