Doping – Schneller, höher, weiter in Sport und Gesellschaft
Forchheim – Bereits 1966 besangen die Rolling Stones in ihrem Song „Mother’s little helper“, wie die gestresste Mutter Zuflucht nimmt zur beruhigenden Wirkung der „kleinen gelben Pille“ mit dem Wirkstoff Diazepan, besser bekannt unter dem Markennamen Valium®. Mit dieser musikalischen Einlage begann der Arzneimittel- und Dopingexperte Prof. Dr. Fritz Sörgel seinen Vortrag im Rahmen der Vortragsreihe der Freunde und Förderer des Klinikums Forchheim e.V. mit dem Titel „Doping – Schneller, höher, weiter in Sport und Gesellschaft“.
Amphetamine, Methylphenidat und Modafinil heißen heutzutage die „kleinen Helfer“ – Stimulanzien und stimulans-ähnliche Substanzen, die die geistige Leistungsfähigkeit steigern sollen. Der Wunsch das eigene Potential durch Einnahme von Substanzen aller Art zu steigern sei nicht nur Spitzensportlern vorbehalten, so Prof. Sörgel. Als Beispiel zieht er den 1996 verstorbenen ungarischen Mathematiker Paul Erdös heran, der sich auf dem Gebiet der Kombinatorik, Graphen- und Zahlentheorie einen Namen gemacht hat. Dieser wettete 1979 um 500 Dollar, dass er es schaffen würde 30 Tage ohne Aufputschmittel durchzuhalten. Er verzichtete auf Kaffee, Koffeintabletten und Amphetamine und gewann die Wette. Erdös meinte aber, diese Wette hätte die Mathematik um einen Monat zurückgeworfen, da er während dieser Zeit keinen Gedanken zu Papier gebracht habe.
Arzneimittelmissbrauch versus Doping
Auch bei Turnierschachspielern, Künstlern und Kampffliegern ist die Einnahme von Stimulanzien, Antidementiva, Antidepressiva und Betablockern – gegen Lampenfieber! – weit verbreitet. Prof. Sörgel warnt davor, diesen Arzneimittelmissbrauch zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit als „Doping“ zu bezeichnen. Der Begriff „Doping“ sei die Bezeichnung für die Einnahme von verbotenen Substanzen beziehungsweise Methoden, allein zur Steigerung von sportlichen Leistungen. Schlagwörter wie „Doping fürs Haar“ seien zu vermeiden, fordert der Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung in Heroldsberg.
Erfolgreich bis zum Tod
Wie weit Spitzensportler bereit sind zu gehen erläutert der Wissenschaftler anhand vom „Goldman-Dilemma“. 1982 stellte der US-amerikanische Arzt und Publizist Bob Goldman 198 Eliteathleten die Frage, ob diese bereit wären eine Substanz einzunehmen, die sportlichen Erfolg garantiert, aber innerhalb von fünf Jahren den eigenen Tod zur Folge hätte. Die Hälfte der Befragten bejahte diese. Dabei werden die Methoden des Dopings immer drastischer: Um beim Blutdoping das mit roten Blutkörperchen angereicherte Eigenblut im Flugzeug zu transportieren wurde den Athleten vor Antritt des Fluges bis zu ein Liter Blutkonzentrat in den Kreislauf infundiert. Nach der Landung wurde es wieder abgezapft. Der Sportler ist Transporteur des Eigenblutkonzentrats mit unvorhersehbaren Folgen für seine Gesundheit. Die neueste Entwicklung scheint der Einsatz von Kobalt zu sein. Das Schwermetall hat in geringen Mengen den gleichen Effekt wie das Blutdoping-Mittel Epo. Die Doping-Kontrolleure scheiterten bisher an folgendem Problem: „Sie können nur das finden, was sie suchen“, erklärt Prof. Sörgel, und „Jeder Einsatz von Doping ist vom Wissensstand in der Chemie abhängig.“ Zum ersten Mal würden jetzt „Non-target-Screenings“ bei der Dopingkontrolle angewandt, die es erlauben Aussagen über unbekannte, unerwartete Substanzen in der Probe zu treffen.
Die hochkarätige Zuhörerschaft – darunter zwei ehrenamtliche Dopingkontrolleure, ein Vertreter der Dopingbeauftragten des Bayerischen Triathlon Verbands – stellte Fragen zu vergangenen Dopingfällen, wie denen von Lance Armstrong und Jan Ulrich. Stefan Pohl wies darauf hin, dass die Nationale Anti Doping Agentur NADA Programme aufgelegt habe mit dem Ziel in Sportvereinen Kinder, Eltern und Trainer für das Thema zu sensibilisieren und vor den Gefahren der Leistungsmanipulation zu schützen.
Klinikumsgeschäftsführer Sven Oelkers überreichte zum Dank für den Vortrag ein kleines Geschenk.
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