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Übergewicht und Adipositas (eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts) finden sich in Deutschland bereits bei rund zwei Dritteln (67%) der Männer und gut der Hälfte der Frauen (53%), mit steigender Tendenz (Zahlenangaben Deutsche Adipositasgesellschaft).

Konservative Behandlungsformen sind häufig nicht zielführend, um das Körpergewicht dauerhaft zu senken. Mit Zunahme der körperlichen Einschränkungen und der Begleiterkrankungen werden daher nicht selten operative Eingriffe zur Gewichtsreduktion nötig.

Am Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz hat sich unter der Leitung des Chefarztes der Allgemeinchirurgie, Dr. med. Bernhard Drummer, und seines leitenden Oberarztes Dr. med. Michael Sturm ein Team aus Spezialisten etabliert, das sich auf die operative Behandlung und Betreuung adipöser Menschen spezialisiert hat und das jetzt von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie als Kompetenzzentrum für Adipositaschirurgie zertifiziert wurde.

In ganz Deutschland gibt es aktuell 107 zertifizierte Zentren für Adipositaschirurgie bei insgesamt 1903 Kliniken (Stand 1.6.2022, Angaben Statistisches Bundesamt, DGAV).

Beide Chirurgen verfügen über eine mehr als 20-jährige Erfahrung in der Adipositaschirurgie, sie gründeten vor über 10 Jahren das Adipositaszentrum Oberfranken an der Klinik und legten damit den Grundstein für diesen Behandlungsschwerpunkt.

Chefarzt Dr. Bernhard Drummer unterstreicht: „Die Chirurgie ist nur ein Teil des Ganzen. Der Therapieansatz der Adipositas ist multidisziplinär und besteht in unserem Kompetenzzentrum aus einem jahrelang eingespielten Team“.

Hand in Hand mit den beiden zertifizierten Adipositaschirurgen Chefarzt Dr. Bernhard Drummer und leitendem Oberarzt Dr. Michael Sturm arbeitet die Leiterin des Diabetes- und Ernährungsteams am Forchheimer Klinikum, Oberärztin Dr. Elisabeth Dewald (Internistin, Diabetologin, Ernährungsmedizin). Mit Sabine Lamprecht als erfahrene Ernährungsberaterin DKL/DGE und Adipositastherapeutin haben die Patienten sowohl in der Vorbereitung auf eine OP wie auch während des stationären Aufenthaltes und in der Nachsorge bei allen Fragen rund um die Ernährung eine kompetente Ansprechpartnerin. Beate Kircheis ist als Fachkoordinatorin für Adipositas und metabolische Erkrankungen in der Vorbereitungsphase auf eine OP für alle Belange rund um das sog. Multimodale Konzept (vielschichtiges Vorbereitungsprogramm) zuständig.
Kooperationen mit ambulant tätigen Psychologen, Internisten, Gastroenterologen und Sporttherapeuten ergänzen das Team in bewährter Weise. Das Herzstück der Abteilung bildet das Sekretariat mit den drei Sekretärinnen Tanja Friedel, Tanja Müller und Alexandra Wagner.
Ganz entscheidend ist für Patienten auch die Möglichkeit, sich in einer Selbsthilfegruppe mit Betroffenen austauschen zu können. Hier besteht eine enge, langjährige Verbindung zwischen der Selbsthilfegruppe Adipositas Forchheim-Bamberg und dem Klinikum in Forchheim.

Im Rahmen des Zertifizierungsprozesses wurden neben der fachlichen Expertise der beiden verantwortlichen Chirurgen auch eine Reihe von strukturellen und baulichen Vorgaben geprüft.

Neben einem ausführlichen Qualitätsmanagement sind in der Klinik auch bauliche Voraussetzungen wie z.B. spezielle Operationsinstrumente, ein OP-Tisch mit ausreichender Tragkraft, Schwerlastbetten in verschiedenen Ausführungen, spezielle Waagen zur Erfassung des Körpergewichts, Mehrfach-XXL-Kleidung, Adipositas-Stühle, geeignete Toilettenhalterungen und vieles mehr für die Zertifizierung nachzuweisen.

Für Patienten bedeutet das Qualitätssiegel ein hohes Maß an Voraussetzungen einer bestmöglichen Behandlung, die regelmäßig von unabhängigen Gutachtern überprüft wird.

Um sich auf eine Adipositas-Operation vorzubereiten, ist eine regelmäßige kostenfreie Teilnahme an den Gruppentreffen der Adipositas Selbsthilfegruppe Forchheim-Bamberg zwar keine Pflicht, kann sich aber in vielerlei Hinsicht sehr positiv auswirken.
Beate Kircheis (Foto) ist ehrenamtlich seit vielen Jahren im Orga-Team der Selbsthilfegruppe und erläutert: „Wir sind wechselnd rund 20 bis 25 aktive Teilnehmer, die alle selbst betroffen sind, konservativ abnehmen wollen, bereits operiert sind, oder sich auf eine bariatrische OP vorbereiten. Die regelmäßigen Treffen finden an jedem dritten Donnerstag im Monat in Forchheim und an jedem 1. oder 2. Dienstag im Monat in Bamberg statt.“
„Das Ziel unserer Gruppe ist es, Vertrauen zu schaffen, Ansprechpartner für Menschen mit Übergewicht und Adipositas zu sein, sich gegenseitig zu motivieren und zu unterstützen, mit dieser chronischen Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit umzugehen“, erläutert sie.
Die Ansprechpartner der Selbsthilfegruppe geben auch Orientierung, wie und wo man medizinische Hilfe erhalten, an wen man sich wenden kann und welches die ersten Schritte sein können.
Um „Öffentlichkeitsängste“ durch häufige Stigmatisierung und Diskriminierung in der Gesellschaft abzubauen, gehen die Teilnehmer nach den Treffen gemeinsam noch in ein nahegelegenes Restaurant zum gemütlichen Ausklang, bei dem es nicht selten nochmals zu intensiven und ungezwungenen Gesprächen kommt.
Beate Kircheis, die am Klinikum beruflich auch als Fachkoordinatorin für Adipositas und metabolische Erkrankungen wirkt, erklärt: „Essen ist ein ganz normales Grundbedürfnis für jeden Menschen. Warum sollten übergewichtige/adipöse Menschen nicht in ein Restaurant gehen dürfen? Allein jedoch trauen sie sich oft nicht mehr, in die Öffentlichkeit zu gehen oder geschweige denn, etwas zu essen.“
Die Selbsthilfegruppe wird ehrenamtlich geführt und erhält daher Fördergelder vom runden Tisch der Krankenkassen. Davon werden verschiedene Aktionen finanziert, wie zum Beispiel gemeinsame Aufenthalte in der Therme in Bad Staffelstein oder ein Besuch im Nürnberger Tierpark, denn neben dem intensiven Erfahrungsaustausch während der Gruppentreffen, sind Spaß und Freude an und die Überwindung zu gemeinsamen Unternehmungen wesentliche Aspekte der SHG.
Während der Corona-Pandemie haben sich die Teilnehmer in einer WhatsApp-Gruppe gegenseitige Mitmach-Challenges gestellt, wie z.B. „Wer schafft es diese Woche über einen Berg/Hügel zu gehen?“, „Wer hilft mit, im Wald Müll aufzusammeln?“ oder „Achtet auf Eure Trink-/Eiweißmenge, wer schafft wie viel?“
Gibt es Teilnehmer, die sich mit ihrem Gewicht wohl fühlen und nur wegen dem sozialen Kontakt in der Selbsthilfegruppe sind?
Hier gibt Beate Kircheis eine klare Antwort: „Die Leute, die teilnehmen, wollen meist eine Veränderung, sind frustriert von unzähligen gescheiterten Diäten, erfahren häufig Stigmatisierung oder Diskriminierung in ihrem Umfeld, aber auch von ihren Ärzten.
Die meisten Betroffenen haben durch das hohe Gewicht vor allem auch massive körperliche und/oder psychische Probleme, die es ihnen schwer machen, ihren Alltag überhaupt noch zu bewältigen. Deshalb sind sie auf Suche nach Verständnis, Hilfe und Orientierung.“
Weitere Infos unter

Forchheim, 14. Februar 2022 – Am 4. November 2021 nahm das Ernährungsteam des Klinikums Forchheim-Fränkische Schweiz erneut am ‚nutritionDay‘, einem weltweiten Aktionstag zu Erfassung ernährungsmedizinischer Probleme in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, teil und erhielt dafür nun von der ESPEN (European Society of Parenteral and Enteral Nutrition) ein Zertifikat.

Der ‚nutritionDay‘ wurde 2006 ins Leben gerufen. Mittlerweile beteiligen sich Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen aus 51 Ländern weltweit an der Datenerhebung mit dem Ziel, Mangelernährung bei Patienten rasch zu erkennen und zu behandeln. Das Klinikum in Forchheim, das die Behandlung von Mangelernährung seit Jahren als etablierten Schwerpunkt in Diagnostik und Therapie berücksichtigt, unterzieht sich seit 2017 dieser Evaluierung.

Fragebogen und Follow-up

Anhand eines Fragebogens werden an diesem Tag Patienten hinsichtlich ihrer Ernährung befragt. Ein weiterer Faktor ist die Berücksichtigung der Mangelernährung in der Therapie durch die Gesundheitseinrichtungen. Ein Follow-up nach vier Wochen überprüft, ob sich der Gesundheitszustand des Patienten verbessert hat.

Ein Drittel der Patienten ist mangelernährt

„Mangelernährung bei Patienten ist keine Seltenheit, mehr als ein Drittel aller stationären Patienten ist als mangelernährt einzustufen“, sagt die Leiterin des Diabetes- und Ernährungsteams am Klinikumsstandort Forchheim, Oberärztin Dr. Elisabeth Dewald.

Weiter führt sie aus: „Eine Mangelernährung hat erheblichen negativen Einfluss auf die Verweildauer der Patienten in der Klinik, auf die Sterblichkeitsrate oder die Wundheilung. Daher ist die Vermeidung, frühzeitige Erkennung und Behandlung der Mangelernährung ein wesentlicher Schwerpunkt in der Arbeit des Ernährungsteams an unserer Klinik.“ Ein Screening-Verfahren bei stationärer Aufnahme identifiziert die potenzielle Gefahr. In der sich anschließenden Ernährungstherapie für Risikopatienten arbeiten Pflegekräfte, Ärzte, Klinikküche und das Ernährungsteam eng zusammen, erstellen Ernährungspläne, spezielle Kostformen werden angeboten, hochkalorische Trinknahrung wird eingesetzt, parenterale und enterale Ernährung sind ein weiterer Behandlungsschwerpunkt des Ernährungsteams.

Ursachen

Die Ursachen für eine Mangelernährung sind komplex: schwerwiegende, meist chronische Erkrankungen wie z.B.  Tumorleiden, Schlaganfälle mit Schluckstörungen, Demenzerkrankungen, führen dazu, dass die Betroffenen mengenmäßig nicht mehr genügend Nahrung zu sich nehmen, Gewicht verlieren und Muskelmasse abbauen, was wiederum zu einer zunehmenden Schwäche des Körpers und des Immunsystems führt. Erschwerend kommen dann noch Faktoren wie Appetitverlust, schlechter Zahnstatus v.a. bei älteren Patienten, soziale Isolation oder eine nötige, komplexe Medikamenteneinnahme u.a. hinzu.

Auch Menschen mit Übergewicht können mangelernährt sein

Die Internistin und Diabetologin Dr. Elisabeth Dewald räumt mit einem gängigen Vorurteil auf: „Menschen mit Übergewicht bzw. Fettleibigkeit können durchaus mangelernährt sein, auch wenn der äußere Anschein dies nicht vermuten lässt.“

Ernährungsberaterin Sabine Lamprecht konkretisiert: „Mangelernährung lässt sich einerseits durch den augenscheinlichen körperlichen Zustand der Patientin erkennen, zum anderen haben wir hier im Forchheimer Klinikum vielfältige diagnostische und apparative Möglichkeiten, mit denen wir eine Mangelernährung feststellen können“. Bei den Laborwerten sei oft ein Vitamin-D Mangel zu verzeichnen und ein Mangel an Folsäure, Eiweiß und Zink – Folge einer unausgewogenen Ernährung, die zu kohlehydratlastig ist, mit vielen Softgetränken, wie zuckerhaltige Limonade, so Sabine Lamprecht.

Forchheim – TV-Oberfranken hat Christopher Uttenreuther, der sein Körpergewicht halbiert hat, vor und nach seiner operativen Adipositas-Therapie begleitet und sendet am Donnerstag, den 28. Februar 2019, um 18.30 Uhr in der Sendung „TVO Vital“ zum ersten Mal seine Erfolgsgeschichte. Danach wird sie in der Mediathek unter www.tvo.de veröffentlicht.

Im Tausch gegen 117 kg Körpergewicht hat Christopher Uttenreuther Vieles bekommen: Nach Jahren der Arbeitslosigkeit hat der 32-Jährige seit September 2018 einen Arbeitsplatz als Landschaftsgärtner in Erlangen. Er ist mit Sarah Loskarn (25) zusammen, die er in der Adipositas-Selbsthilfegruppe kennengelernt hat. Beide erwarten in sieben Wochen ein Kind und die Hochzeitsplanungen haben begonnen.

Der Gaiganzer hatte es schwer – im wahrsten Sinne des Wortes – denn vor etwas mehr als einem Jahr wog er 233 kg. Alles hatte er schon versucht: Bereits als 6-Jähriger machte er die erste Kur mit dem Ziel abzunehmen. Es folgte eine Odyssee an gescheiterten Versuchen. Der Jugendliche probierte mit Diäten und Sport sein Gewicht im Zaum zu halten, aber es half nicht. Seine Freundin bringt es auf den Punkt: „Abnehmen ist Kopfsache, aber wenn man erst einmal im Teufelskreis aus Versagensangst und Resignation steckt, ist es sehr schwer einen Ausweg zu finden.“

Begleiterkrankungen und operativer Eingriff

Der leitende Oberarzt der Allgemeinchirurgie, Dr. Michael Sturm, erklärt: „Wir haben die lange Leidensgeschichte von Herrn Uttenreuther gesehen und wussten, dass er die Grenze überschritten hat, ab der er es alleine nicht mehr schaffen kann.“ Viele Begleiterscheinungen, die Adipositas mit sich bringt, fanden die Mediziner vor, wie Bluthochdruck, Diabetes und nächtliches Aussetzen der Atmung. Nach eineinhalb Jahren Vorbereitungszeit entschied sich der junge Mann auf Anraten des Adipositas-Teams am Klinikum Forchheim zu einer Magenteilresektion (Magenschlauch ), das heißt, dass von dem Magen, der vorher rund 3.000 ml Volumen fasste, ein Teil mit 2.800 ml Volumen operativ entfernt wird. Neben der geringeren Aufnahmefähigkeit des Magens vermindert sich beim Patienten auch schlagartig das Hungergefühl, denn die Zellen, welche die Produktion der Magensäure stimulieren, werden ebenfalls zum Teil entfernt. Es gibt Hinweise darauf, dass nach einer Sleeve-Gastrektomie der Magen geringere Mengen des sogenannten Hungerhormons „Ghrelin“ produziert und dadurch der Appetit zusätzlich reduziert wird. Gleichzeitig werden appetitzügelnde Botenstoffe freigesetzt. Dazu gehören beispielsweise „GLP-1“ und „Peptid YY“.

Körperlich belastbar und stabil

Christopher Uttenreuther, der im Dezember 2017 operiert wurde, ist jetzt in der Stabilisierungsphase. Sein Körpergewicht halbierte sich auf 116 kg. Er ist körperlich belastbar und schafft es locker, die Treppen bis zum zweiten Stock des Klinikums zu steigen, ohne außer Atem zu kommen. Der behandelnde Arzt Michael Sturm unterstreicht, dass der Patient nach der Operation nicht allein gelassen werden darf, sondern dass ein individuelles Ernährungskonzept konsequent eingehalten werden müsse. Er freut sich mit dem Familienvater, dass dieser einen Arbeitsplatz gefunden hat, bei dem auch körperliche Belastung gefordert wird. Für Christopher Uttenreuther ist es ein Erfolgserlebnis, dass er seine Kleidung in normalen Bekleidungsgeschäften kaufen kann und nicht nur aus dem Katalog: „Ich trage jetzt Größe XL, vorher war es Größe 6XL!“ Seine alte Hose – Größe 78 – hat er sich aufbewahrt

Adipositas

Zwei Drittel aller Männer (67 Prozent) und die Hälfte aller Frauen (53 Prozent) sind übergewichtig. Nach Angabe der „Studie zur Gesundheit Erwachsener“ des Robert-Koch-Instituts sind ein Viertel der Erwachsenen stark übergewichtig, also adipös. Der Wert, der als Indikator für Fettleibigkeit dient, ist der Body Mass Index (BMI), der sich aus dem Körpergewicht in kg geteilt durch die Körpergröße in m zum Quadrat errechnen lässt. Bei einem BMI größer als 30 spricht man von Fettleibigkeit. Diese nimmt überproportional zu, so dass die Weltgesundheitsorganisation bereits von einer Pandemie – einer länder- und kontinentübergreifenden Ausbreitung der Krankheit –  spricht. Für das Jahr 2030 geht die Organisation von 3,3 Mrd. Übergewichtigen weltweit aus. Zum Vergleich: 1980 waren 750 Mio. Menschen übergewichtig.