Warum findet alljährlich am 14. November ein Weltdiabetestag statt?
Dr. Elisabeth Dewald: Dass die Behandlung des Diabetes keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt die Tatsache, dass erst im Jahr 1921/22 durch die beiden Forscher Frederick Grant Banting und Charles Herbert Best die Entdeckung des Insulins gelang und damit der bahnbrechende Erfolg in der Behandlung dieser Erkrankung. Der 14. November ist der Geburtstag von Frederick Grant Benting. Um an seine und die Verdienste seiner Mitstreiter zu erinnern, wird alljährlich diesem Tag gedacht.
Wann wurde erstmals eine Behandlung des Diabetes mellitus möglich?
ED: Als einer der ersten Patienten erhielt der fünfjährige „Teddy“ Theodore Ryder im Jahr 1922 das zum Überleben notwendige Hormon. Zu diesem Zeitpunkt wog das Kind 12,5 kg und wäre an der Erkrankung verstorben, hätte es nicht die Entdeckung des Insulins gegeben. Nach wenigen Monaten kam er zur vollen Genesung und schrieb an den Forscher:
„Sehr geehrter Hr. Dr. Banting, ich wünschte, sie könnten mich jetzt sehen. Ich bin jetzt ein properer Junge geworden, mir geht es gut und ich kann auf Bäume klettern…“. Im Alter von 76 Jahren nach einem erfüllten Leben verstarb er ohne wesentliche Folgeerkrankungen seines Diabetes.
Die Forschung und Entwicklung nahm dann ab den 1960er Jahren stark zu, heute stehen uns eine Vielzahl von modernen Medikamenten, Insulinen und Hilfsmitteln zur Verfügung, die es erlauben, eine individuelle Therapie für jeden Diabetiker durchzuführen.
Wie häufig ist denn die Diabeteserkrankung in Deutschland?
ED: Ca. 95% aller Diabetesfälle sind dem sogenannten Diab. mell. 2 zuzuordnen. Aktuell geht man von etwa 7,2 Mio bekannten Typ 2-Diabetikern in Deutschland aus, die Zahl der unbekannten Typ-2-Diabetiker liegt nach Schätzungen ebenso hoch. Jährlich kommen 500.000 Neuerkrankungen hinzu. Der Anteil von Patienten mit Diabetes mellitus 2 in den Kliniken liegt bereits bei etwa 30% aller Klinikpatienten. Man beobachtet eine stark ansteigende Anzahl von Menschen mit Diabetes mellitus nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Die Fachwelt spricht bereits von einem sich ausbreitenden „Diabetes-Tsunami“.
Schwerwiegend sind in diesem Zusammenhang auch die Begleit-/Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus.
Mit Diabetes in der Klinik – was gibt es für Betroffene zu beachten?
ED: Trotz aller Fortschritte in der Behandlung des Diabetes kann ein Krankenhausaufenthalt manchmal nicht vermieden werden – sei es wegen einer entgleisten diabetischen Stoffwechsellage oder auch wegen einer anderen Erkrankung oder einer anstehenden Operation.
Dies bedeutet für Menschen mit Diabetes eine Veränderung ihrer täglichen Gewohnheiten, manche Diabetesmedikamente müssen z.B. vor einer Operation abgesetzt werden, Insulinmengen müssen angepasst werden, Infektionen und Therapeutika können den Blutzuckerspiegel in die Höhe treiben, Nüchtern-Phasen erfordern eine Anpassung der Diabetestherapie. Zudem ist aus Studien bekannt, dass Menschen mit Diabetes ein höheres Risiko für Komplikationen haben und dadurch auch die Verweildauer in der Klinik länger wird.
Um als Patient mit Diabetes selbst gut auf einen geplanten stationären Aufenthalt in der Klinik vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, sich schon im Vorfeld mit dem Hausarzt oder dem behandelnden Diabetologen abzusprechen, die entsprechenden Unterlagen für die Klinik bereitzuhalten und das eigene Diabetes-Equipment in die Klinik mitzunehmen.
Die Auswahl einer geeigneten Klinik für Diabetiker erleichtert ein von der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) vergebenes Zertifikat, das für jeweils drei Jahre Gültigkeit besitzt, danach muss sich die Klinik einer erneuten Prüfung ihrer Qualitätsstandards unterziehen.
Das Klinikum Forchheim besitzt dieses Zertifikat „Klinik für Diabetespatienten geeignet“ bereits seit 2014, im Oktober 2017 wurde die Klinik erfolgreich rezertifiziert.
Neben einer in Vollzeit tätigen Diabetologin stehen den Patienten im Klinikum Forchheim-Fränkische Schweiz auch eine ärztliche Weiterbildungsassistentin zur Diabetologin sowie zwei Diabetesberater und auf allen Stationen diabetesversierte Pflegekräfte zur Verfügung, um die bestmögliche Versorgung von Diabetespatienten zu erzielen.
Warum findet die Erkrankung Diabetes mellitus in der öffentlichen Wahrnehmung noch zu wenig Beachtung, obwohl es eine Erkrankung mit so weitreichenden Folgen ist?
ED: Es handelt sich um eine Krankheit, die nicht weh tut, die man oft lange nicht bemerkt, obwohl sie schon vorhanden ist, die häufig als „ein bisschen Alterszucker“ verharmlost wird und die oft gleichgesetzt wird mit Verlust von Lebensqualität.
Worauf kommt es zusammenfassend in der Behandlung an?
ED: Diabetestherapie bedeutet in erster Linie Eigenverantwortlichkeit der Betroffenen in Kombination mit den heute so vielfältigen Behandlungsmöglichkeiten.
Therapieerfolg und der Erhalt der Lebensqualität durch Vermeidung der Folgeschäden sind der Lohn.
(Das Interview führte Franka Struve, Pressesprecherin des Klinikums-Forchheim-Fränkische Schweiz)