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Den „Krankenhauskeim“ gibt es nicht
Forchheim – Sie heißen methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA), ESBL oder MRGN und haben eines gemeinsam: Sie sind gegen eine oder auch mehrere Antibiotikagruppen resistent und können – wenn sie sich in einem Krankenhaus ausbreiten – bei schwer kranken Patienten mit abgeschwächter Immunabwehr verheerende Folgen haben.

Daniel Petraschka, Arzt für Krankenhaushygiene am Deutschen Beratungszentrum für Hygiene, stellte im Rahmen der Vortragsreihe des Fördervereins des Klinikums die gefährlichsten Bakterienstämme vor und zeigte auf, wie man sich selbst sowie Patienten und Mitarbeiter im Krankenhaus davor schützen kann.

Händewaschen nicht vergessen
Eines stellte er vorweg klar: Die Keime mögen zwar multiresistent sein, aber gegen handelsübliches Desinfektionsmittel mit 60 bis 80 Prozent Alkohol ist kein Keim gewachsen. „Jeder Keim ist tot“, versichert er. Der Kinderspruch „Nach dem Klo und vor dem Essen, Händewaschen nicht vergessen!“ behält seine Bedeutung. Wer sich in ein Krankenhaus begibt, sollte sich gleich beim Betreten die Hände desinfizieren, um nicht von außen Keime einzuschleppen, und auch wieder beim Verlassen, weil der Besucher/Patient/Mitarbeiter im Gebäude mit Keimen in Berührung gekommen sein könnte. Vor dem Anfassen von Wunden und Kathetern ist die Händedesinfektion obligatorisch.

Häufige Antibiotikaverwendung in der Tiermedizin begünstigt die Ausbreitung
„Der Krankenhauskeim“ existiere auch so in dieser Form nicht, so Petraschka, da die Keime von außen eingeschleppt werden. So fanden sich auf Proben von rohem Fleisch aus dem Einzelhandel unterschiedlich hohe Raten von MRSA oder auch sogenannten ESBL-Bakterien, die sonst in ihrer natürlichen, nicht resistenten Form auch bei uns Menschen vorkommen können. Ein Problem dabei ist, dass sich durch die häufige Verwendung von Antibiotika in der Tiermedizin diese resistenten Keime auch dort ausgebreitet haben. Auch Reisende können aus fernen Ländern unliebsame Souvenirs in Form von ESBL-Keimen mitbringen. Den Indienrückkehrer sollte man daher nur mit Vorsicht busseln, denn bei einem Zungenkuss wechseln bis zu 80 Millionen Bakterien ihre Heimstätte.

Patientenüberprüfung bei Aufnahme ins Klinikum
Um die fatale Ausbreitung des Keimes im Krankenhaus zu vermeiden werden Patienten bei der Aufnahme überprüft. War der Patient im Urlaub im Ausland? Hat er einen längeren Krankenhausaufenthalt hinter sich? Bestehen Vorerkrankungen? Bei Verdacht werden dann Körperregionen wie Nase, Rachen oder auch der Darm auf resistente Keime untersucht.

Das Klinikum Forchheim nimmt außerdem schon seit längerem am Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) teil. Die Überwachung der Infektionen in Kliniken läuft über das Nationale Referenzzentrum, welches zum Robert-Koch-Institut gehört.

Hygienemaßnahmen am Klinikum Forchheim
Im Anschluss stellte Dr. Andrea Neumann, Fachärztin und hygienebeauftragte Ärztin der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, die aktuellen Hygienemaßnahmen am Klinikum Forchheim vor. Überall im Gebäude – auch im Eingangsbereich – befinden sich berührungsfreie Desinfektionsmittelspender für Besucher. Außerdem wird der Verbrauch von Händedesinfektionsmittel auf den einzelnen Stationen überprüft und das Personal konstant geschult. Seit 2017 nimmt das Klinikum auch an der „Aktion Saubere Hände“ teil. Die Arbeit der „Aktion Saubere Hände“ stützt sich auf ein ganzes Bündel von Präventionsstrategien, von Fortbildungen für medizinisches Personal, Compliancebeobachtungen bis zur Übermittlung des Händesdesinfektionsmittelverbrauchs an das Nationale Referenzzentrum.

Einmalkittel für isolierte Patienten
Eine weitere Verbesserung wurde in der Isolation eingeführt: Dabei werden gefährdete Patienten zur Vermeidung der Erregerübertragung isoliert in einem Einzelzimmer untergebracht. Zur Schutzbekleidung derjenigen, die das Isolationszimmer betreten, gehören ein Kittel, Mundschutz und Handschuhe. Seit einiger Zeit verwendet das Klinikum Forchheim Einmalkittel, die nach Benutzung weggeworfen werden. Dies ist hygienischer als Kittel, die gewaschen werden müssen. Desweiteren werden die Isolationen nicht mehr streng nach Erreger durchgeführt, sondern die Isolationsmaßnahmen werden je nach Streupotential der Erreger individuell für jeden Patienten festgelegt, um unnötige Isolationen zu vermeiden.

Gefahr aus der Waschschüssel
Aufwändig war in der Vergangenheit auch das sogenannte „antiseptische“ Waschen und Haarewaschen von Patienten, die auf der Intensivstation isoliert werden müssen und bei denen einen Sanierung der multiresistenten Erreger durchgeführt wird. Im Wasser der Waschschüssel konnten Erreger übertragen werden. Jetzt verwendet das Forchheimer Krankenhaus das System „Waschen ohne Wasser“. Dabei werden mit einer speziellen Tränklösung imprägnierte Waschhandschuhe und Waschhauben, verwendet Ein Nach – und Ausspülen mit Wasser ist nicht mehr erforderlich.

Antibiotika-Verbrauch
Schließlich beteiligt sich das KIinikum an einem gemeinsamen Projekt des Universitätsklinikum Freiburg und der Deutsche Gesellschaft für Infektiologie, das den Antibiotika-Verbrauch von 166 Kliniken einschließlich der Universitätskliniken überprüft, davon 95 Häuser mit weniger als 400 Betten. 70 Prozent der teilnehmenden Häuser mit weniger als 400 Betten verbrauchen mehr Antibiotika als das Klinikum Forchheim. Die Universitätskliniken haben einen noch höheren Verbrauch, weil hier schwerstkranke Patienten liegen, die einen höheren Bedarf haben.

Der Antibiotika-Verbrauch sagt aber noch nichts über die richtige Verwendung aus. Das Team des Antibiotic-Stewardship-Programms, bestehend aus den beiden Ärztinnen Andrea Neumann und Agnes Porkolab, hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Verordnungsqualität von Antiinfektiva am Klinikum weiter zu verbessern, die Patientenversorgung zu optimieren und die Entwicklung von weiteren Resistenzen zu verhindern.

Am Ende durften die Zuhörer die Desinfektion ihrer eigenen Hände durchführen und mittels einer UV-Lampe überprüfen. Im Licht der Lampe leuchteten nicht desinfizierte Stellen der Hand – etwa am Daumen und an den Fingerspitzen – dunkler, da das Desinfektionsmittel mit einer leuchtenden Substanz versetzt war.

 

Foto (@Klinikum Forchheim): Dr. Andrea Neumann prüft mithilfe von Schwarzlicht die Hände eines Zuhörers

Mit der Goldnetz-Methode starke Blutungen therapieren
Forchheim – Wenn die Monatsblutungen bei Frauen zu stark sind, wurde in der Vergangenheit oft die Gebärmutter entfernt. Seit März 2018 wendet Dr. Stefan Weingärtler, Chefarzt der Frauenklinik am Klinikum Forchheim, eine organerhaltende Methode an, bei der die blutungsverursachende Gebärmutterschleimhaut mithilfe einer Goldnetz-Elektrode verödet wird.

Müdigkeit und Abgeschlagenheit
Die Folgen von exzessiven Perioden mit einer Dauer von sieben Tagen oder mehr, bei denen der monatliche Blutverlust doppelt so hoch ist wie bei normalen Blutungen, sind Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Laut der Firma Hologic – einem Hersteller von diagnostischen Produkten, medizinischen Bildgebungssystemen und chirurgischen Artikeln für die Frauenheilkunde – leiden rund 20 Prozent aller Frauen zwischen 30 und 49 Jahren an zu starken Regelblutungen und fühlen sich in ihrer Mobilität und Lebensqualität beeinträchtigt. Ursächlich können organische Veränderungen im Bereich der Gebärmutter sein oder hormonelle Störungen. Selten sind auch Bluthochdruck, Nieren- und Herzerkrankungen sowie Blutgerinnungsstörungen dafür verantwortlich. Die Therapie orientiert sich an der Ursache.

Verödung in 90 Sekunden ohne Schnitt
Nach einer Gewebeprobeentnahme, Untersuchung auf Polypen oder Myome und Ausschluss einer bösartigen Veränderung der Gebärmutterschleimhaut kann die sogenannte Endometriumablation angewandt werden. Stefan Weingärtler erklärt: „Ohne einen einzigen Schnitt wird die Gebärmutterschleimhaut in nur 90 Sekunden verödet. Eine hormonelle oder chirurgische Vorbehandlung ist nicht notwendig. Den Vorteil gegenüber der herkömmlichen Endometriumablation mit einer Rollerwalze sehe ich in der Sicherheit, Systematik und dem Zeitgewinn. Die „Goldnetz-Methode“ geht schneller und ist schonender.“ Das Goldnetz selbst ist in der Ausdehnung und Länge variabel, so dass es sich individuell an die Gebärmutter anpasst. Nach dem Eingriff wird es wieder entfernt. Der Eingriff wird in der Regel stationär durchgeführt.

Abgeschlossener Kinderwunsch
Die Methode ist nur für Frauen mit abgeschlossenem Kinderwunsch geeignet und auch bei Hochrisikopatienten mit Blutgerinnungsstörungen und Herzerkrankungen durchführbar.

Fünf Frauen haben sich bereits am Klinikum Forchheim für diese Behandlungsform entschieden. Ein halbes Jahr nach der Operation wird der Gynäkologe ein erstes Fazit ziehen können. „Diese Methode der Verödung erscheint mir bis dato sicherer, weil vorher getestet wird, dass keine Verletzungen vorhanden sind. Sie ist schonender und problemloser durchführbar“, schlussfolgert Stefan Weingärtler.

 

Foto (@Hologic)

Gelenkverletzungen und Verschleiß – Therapie vom Erhalt bis zum Ersatz

Heroldsbach/Poppendorf – Der Speisesaal der Gaststätte Dippacher, der rund 100 Gästen Platz bietet, war voll belegt als die Operateure des Endoprothesenzentrums Forchheim, die Chirurgen Dr. Uwe Lehmann und Maximilian Baier (beide Klinikum Forchheim) sowie die Orthopäden Dr. Franz Roßmeißl und Jürgen Waibel (beide Medikon Forchheim) zum Thema „Gelenke – Verletzungen und Verschleiß“ referierten. Eine „Endoprothese“ ist laut Lexikon ein Implantat, das dauerhaft im Körper verbleibt und das geschädigte Gelenk ganz oder teilweise ersetzt. Am häufigsten betroffen sind Hüftgelenke, aber auch Kniegelenke werden im Endoprothesenzentrum ersetzt.

Endoprothesenzentrum Forchheim
Oberarzt Maximilian Baier stellte zuerst das Endoprothesenzentrum Forchheim vor, eine Kooperation des Klinikums Forchheim mit der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Medikon.

Seit 2012 vergibt eine Kommission – EndoCert – der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie ein Zertifikat, um die Qualität der endoprothetischen Versorgung zu kontrollieren und zu verbessern. Die zertifizierten Einrichtungen weisen ein hohes Maß an Spezialisierung, Kompetenz und Erfahrung vor. Das Endoprothesenzentrum Forchheim wurde im Dezember 2017 erfolgreich rezertifiziert. Es ist eine etablierte Einrichtung, die über die Landkreisgrenzen Renommee erlangt hat, denn im Klinikum Forchheim werden bereits seit mehr als 20 Jahren Gelenke an Knie, Hüfte und anderen Gelenken eingesetzt. Das Zentrum konnte für das Jahr 2017 230 endoprothetische Operationen nachweisen.

Was ist ein EndoProthetikzentrum (EPZ)?
Wesentlich für die Auszeichnung als EPZ ist die Anzahl der Operationen – mehr als 100 endoprothetische Operationen pro Jahr – und die Erfahrung der sogenannten Hauptoperateure: Beide müssen jährlich mindestens je 50 Endoprothesen am Knie- oder Hüftgelenk implantieren.

Weitere Faktoren, die in die Bewertung des Zentrums einfließen, sind unter anderen das Qualitätsmanagement und die präoperative Planung, Optimierung der Physiotherapie, präoperative Gangschule, Standards im OP, Optimierung der Sprechstunden, Wartezeitmessung, Aufklärungsgespräche sowie Kooperationsvereinbarungen mit der Gefäßchirurgie und Radiologie.

Endoprothetische Versorgung des Hüftgelenks
Im Anschluss erläuterten Dr. Roßmeißl und Facharzt Waibel die Endoprothetische Versorgung des Hüftgelenks.

In diesem Vortrag wurden neben der Indikationsstellung für die Operation die verschiedenen Prothesenmodelle und Verankerungstechniken mit ihren Vor- und Nachteilen dargestellt.

Nachkorrekturen sind passé
Schließlich ging Chefarzt Dr. Lehmann auf die neueste Entwicklung durch roboterarm-assistiertes Operieren ein: ein System mit einer verbesserten, auf den Patienten individuell abgestimmten Planung durch eine 3D-Computertomographie, die während der Operation eine dynamische Balancierung der Weichteile und damit optimierte Platzierung des Implantats erlaubt. Bei diesem neuen, im Klinikum Forchheim verwendeten Verfahren, wird quasi die Hand des Operateurs geleitet wie bei einem Spurassistenten im Auto. Uwe Lehmann ist überzeugt: „Mit Hilfe einer roboterarm-unterstützten Chirurgie implantieren wir mit außerordentlich hoher Präzision und Nachkorrekturen gehören der Vergangenheit an!“